Ein Urteil gegen das Versammlungsrecht

Landgericht Bremen bestätigt Strafbefehl gegen Anmelderin bei Kundgebung vor 2 Jahren

Gestern saßen etwa 30 Aktivist*innen fast 2 Stunden ihres Lebens im Landgericht Bremen, statt auf der Straße für Bleiberecht und Lebensperspektiven in Bremen zu kämpfen.

Grund dafür war die Berufung eines Urteils gegen das Versammlungsrecht. Konkret wurde heute vom Landgericht bestätigt, dass sich die Anmelderin einer Kundgebung von Together we are Bremen am 8. März 2021 schuldig machte. Sie wurde vom Amtsgericht am 17. März letzten Jahres (siehe https://togetherwearebremen.org/versammlungsfreiheit-verteidigen/) zu 30 Tagessätzen bzw 6 Monate auf Bewährung verurteilt, weil sie gegen das Versammlungsrecht verstoßen habe. Ihr wurde vorgeworfen, die Auflagen nicht vor Beginn der Kundgebung vorgetragen zu haben. Sie verkündete besagte Auflagen (Maske tragen, Abstand etc.) nämlich erst, nachdem ein Aktivist nach dem umständlichen Aufbau, mit Tisch, Stühlen und Pavillion die versammelten Anwesenden zusammenrief, sie begrüßte und ihnen erläuterte, warum TWAB am internationalen Frauen*kampftag mit vielen Schwarzen Müttern und Kindern vor dem Innensenat 5 Stunden protestieren wollte: wir demonstrierten gegen die rassistische Praxis des Standesamtes, Geburtsurkunden trotz beurkundeter Vaterschaft für Schwarze Babies systematisch zu verweigern.

Foto: TWAB

Nachdem heute die Richterin das Urteil verkündet hatte, rumorte es im Gerichtssaal. Ein Aktivist versuchte, eine Frage zu stellen, als die Richterin ablehnte, ergriff er dennoch das Wort: “Schande über Sie, Schande über dieses Gericht, dass Sie nicht erkennen, worum es hier eigentlich geht. Es geht darum, die Stimme der marginalisierten und unterdrückten Migrant*innen in dieser Gesellschaft zum Schweigen zu bringen. Es geht darum, jegliche Unterstützung für sie auf jede erdenkliche Weise zu verhindern, und es ist ein eklatanter Angriff auf die Notwendigkeit, für die Rechte von Geflüchteten zu demonstrieren. Es ist ein Versuch, sie dazu zu bringen, den institutionellen Rassismus und die weiße Vorherrschaft zu akzeptieren, indem man ihnen Angst macht, für ihre Rechte zu kämpfen”.


Wir wollen noch hinzufügen: Unsere Anmelderin wird für eine lächerlichen Tat schuldig gesprochen – während in den meisten Fällen rassistischer Angriffe und Morde, wie die an Laye Alama Condé, Oury Jalloh, Mohammed Idrissi, Qosay Khadaf und vielen anderen, die Täter noch nicht einmal vor Gericht kommen. Dies passiert in Zeiten brutaler rassistischer und antisemitischer Taten, wie die von Hanau und Halle. Dies geschieht ausgerechnet in Bremen, wo doch zur Zeit eine öffentliche Diskussion über institutionellen Rassismus stattfindet. Dies passiert, während andere Antifaschist*innen kriminalisiert werden und in U-Haft sitzen. 
Heute war unsere Anmelderin nicht allein vor Gericht. Gemeint sind wir alle. TWAB zeigte heute gemeinsam mit Solidarisch in Gröpelingen, Antira United und weiteren Freund*innen Einigkeit und Stärke.

Together we stand – together we fight! Birth certificates, no transfers and papers for all!