Impressions International Women`s Fighting Day 2021

Photo: TWAB (photographer in solidarity: Jana Sabeth)

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Birth certificates NOW – the new film clip of the action – documented by Cooperativa-Film / Anne Fresius

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Documentation of one of the speechesGerman translation

Guten Tag, ich bin eine der Mütter eines Babys, dessen Geburtsurkunde von den Behörden hier in Bremen verweigert wird. Ich möchte euch allen danken, dass ihr heute, am 8. März, dem Internationalen Frauenkampftag, hierher gekommen seid um solidarisch an unserer Seite zu stehen, gegen Gewalt, Missbrauch und Unterdrückung, gegen die Verletzung unserer Rechte und die Diskriminierung von Frauen* auf der ganzen Welt. Wie ihr alle wisst sind dies die Hauptthemen des internationalen Frauenkampftages, der seit über 100 Jahren existiert. Leider leiden wir weiterhin an diesen Problemen, nicht nur in anderen Ländern, sondern auch hier in Bremen, hier in Deutschland, dem so genannten hochentwickelten Land. Deshalb danke ich euch, dass ihr euch uns anschließt, um diesen Kampf fortzusetzen. Und dieser Kampf wird weitergehen, bis wir gewonnen haben. Es ist nun Schluss mit dem Schweigen, vorbei mit dem Leugnens dieser Probleme.

Es ist nicht normal, dass einige von uns nach der Geburt eines Kindes hier in Bremen über ein Jahr warten müssen und immer noch keine Geburtsurkunde für ihre Kinder haben. Ohne Geburtsurkunde werden diesen Kindern ihre verfassungsmäßigen Rechte vorenthalten, und das hat weitreichende Folgen. Die Kinder sind nicht krankenversichert und das bedeutet, dass es keine regelmäßigen Impfungen und Untersuchungen für diese Babys durch die Hebammen und Ärzt*innen gibt. Die Folge ist, dass wir selber sehr viel Geld bezahlen müssen, um die Kinder behandeln zu lassen. Das ist einfach falsch und lässt sich nicht rechtfertigen, egal wie sehr man es auch versucht.

Das passiert keiner weißen deutschen Mutter und ihrem Kind. Es passiert nur uns SchwarzenFrauen und unseren Kindern aus dem einzigen Grund, dass die Behörden hier uns als minderwertige Menschen sehen. Sie denken, sie können uns verweigern, ein Teil dieser Gesellschaft zu werden. Was für ein großer Fehler! Ein törichter Fehler, der nicht eine Minute länger fortdauern sollte, um ihn zu korrigieren. Und lasst uns klar sein, meine Freunde, das ist purer Rassismus, macht euch darüber mal keine Illusionen.

Wir protestieren hier heute um es als das zu benennen, was es ist, weil es nicht mehr versteckt oder irgendwie anders genannt werden sollte

Es ist Rassismus, der das Standesamt dazu bewegt, uns und unsere Kinder zu diskriminieren. Ich vermute, dass viele derjenigen, die in diesem Amt arbeiten, selber Kinder haben. Kann jemand von ihnen herauskommen und uns sagen, dass sie über ein Jahr auf die Geburtsurkunde ihres Kindes gewartet hat? Nein! Nein, natürlich nicht, weil das keiner von ihnen jemals passiert ist. Normalerweise, so sagte mir die Hebamme, dauert es ein paar Tage bis maximal 6 Wochen, um eine Geburtsurkunde zu bekommen. Aber wir warten seit über einem Jahr.

Also, warum diese grausame Verzögerung bei uns? Ich wiederhole diese Frage: Warum wir? Es gibt nur einen Grund und der heißt Rassismus. Wir verurteilen ihn und fordern, dass er jetzt sofort aufhört. Nicht eine Minute länger!

“Say it now loud and clear, this is racism” (“Sagt es, laut und deutlich, das ist Rassismus”)

Es ist nicht nur dann Rassismus, wenn Neonazis uns oder andere Migrant:innen angreifen und wenn es der Staat dann scheinheilig verurteilt. Rassismus ist auch diese Diskriminierung, die hier offen in den verschiedenen staatlichen Institutionen praktiziert wird und wir stehen hier vor dem Amtssitz der für zwei dieser Institutionen verantwortlich ist. Das muss aufhören. Als Schwarze Frau und Afrikanerin mit einem kleinen Baby erlebe ich und erfahre ich hier jeden Tag Rassismus.

Was diese Kampagne und den Protest betrifft, sind zwei Dinge sehr wichtig

Erstens: Das Standesamt ist für die Ausstellung der Geburtsurkunden unserer Kinder zuständig und sie müssen in der Lage sein, dies sofort zu tun, sobald sie alles dafür Notwendige durchgesehen haben.

Und denken Sie daran, dass einige von uns ihnen über 600,-€ für ihre Nachforschungen zahlen mussten. Es liegt auf der Hand, dass es nicht die Aufgabe eines Standesamtes ist, zu bestimmen, wer hier leben darf und wer nicht. Aber weil sie genau das versuchen zu tun vernachlässigen sie dabei ihre eigentliche Aufgabe. Ihre Aufgabe ist es, zu bescheinigen, ich wiederhole, zu bescheinigen, dass das Kind hier geboren wurde. Das können sie nicht leugnen, denn die Geburtsunterlagen sind im Krankenhaus und die Krankenschwestern und Hebammen sind ja, falls nötig, als Zeuginnen da. Darum fordern wir sie auf, die Geburtsurkunden sofort und ohne weitere Verzögerungen auszustellen.

Ich verstehe, dass sie es nicht gerne sehen, wenn wir hier protestieren. Hier ist meine Botschaft an sie dazu…

Bei uns sagt man: “Man schlägt einem Kind nicht auf den Kopf und fragt es: “Warum weinst du?” Wenn du nicht willst, dass das Kind weint, dann schlag es nicht auf den Kopf. Also, wenn es Ihnen nicht gefällt, dass wir hier schon wieder protestieren, dann lösen Sie das Problem, indem Sie die Geburtsurkunden sofort ausstellen. Denn sonst werden wir sehr bald schon wieder kommen. Wir werden sicherlich nicht ruhen, bis die Geburtsurkunden aller unserer Kinder ordnungsgemäß ausgestellt sind. Und seien Sie sich einer Sache gewiss: Wenn wir zurückkommen, dann nicht für einen ganzen Tag, wie wir es heute vorhaben, sondern für ein mehrere Tage.

Und nun kommen wir zum zweiten sehr wichtigen Aspekt. Das Migrationsamt kann und muss uns, den Müttern, unsere Aufenthaltserlaubnis ausstellen, weil die deutsche “Vaterschaft” unserer Kinder anerkannt worden ist. Das ist, nach geltendem Recht, die Grundlage für die deutsche Staatsbürgerschaft und damit für unsere Aufenthaltserlaubnis. Und eben nicht die Geburtsurkunden unserer Kinder. Die Kinder haben ein Recht auf ihre hier lebenden Väter, genauso wie sie ein Recht auf ihre Mütter haben. Deshalb sieht das Gesetz vor, dass wir, die Mütter eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, damit das Kind beide Elternteile haben kann.

Also, die Geburtsurkunde ist ein Beweis dafür, dass unsere Kinder hier geboren wurden, aber die Aufenthaltserlaubnis ist das Recht der Mutter aufgrund der anerkannten “Vaterschaft”, also der Existenz der Väter unserer Kinder. Doch bis jetzt verweigert das Migrationsamt die Ausstellung unserer Aufenthaltserlaubnis ohne triftige Gründe. Deshalb fordern wir das Migrationsamt auf unsere Aufenthaltserlaubnis ohne weitere Verzögerung zu erteilen, denn aufgeschobene Gerechtigkeit ist verweigerte Gerechtigkeit!

“Say it now loud and clear, this is racism” (“Sagt es laut und deutlich, das ist Rassismus”)

Es ist sicherlich kein Verbrechen, eine Schwarze Person in Deutschland zu sein. Ich bin stolz eine Schwarze Frau zu sein und meine Kinder sind es auch. Niemand wird mir das wegnehmen, also je schneller Sie sich daran gewöhnen desto besser. Und ebenso gilt für unsere wunderschönen Schwarzen Kinder: Sie könnt ihnen ihre Geburtsurkunden verweigern, aber seien Sie sich sicher, diese Kinder werden Sie und ihr Handeln in diesen Büros überdauern, sie werden schlicht länger in diesem Land leben. Sie werden die rassistische Diskriminierung vom Standesamt undvom Migrationsamt überdauern, ja, überleben.

“Say it now loud and clear, this is racism” (“Sagt es laut und deutlich, das ist Rassismus”)

Zum Schluss wiederhole ich also noch einmal unsere Forderungen: Geburtsurkunden jetzt, keine Minute länger! Aufenthaltserlaubnisse für die Mütter jetzt, keine Minute länger!