Bremens Standesämter verwehren seit Monaten neugeborenen Kindern und ihren Eltern die Ausstellung einer Geburtsurkunde und damit den Zugang zu fundamentalen Rechten. Die Standesbeamt*innen unterstellen den Müttern pauschal Falschangaben und verlangen absurd weitgehende Nachweise und Angaben. Nahezu alle Frauen werden verdächtigt, sie seien möglicherweise verheiratet. Der imaginäre Ehemann wäre dann der gesetzliche Vater ihres Kindes. Einen konkreten, individuell-begründeten Anhaltspunkt für ihre Verdächtigung liefern die Standesämter dabei nicht – während die von den Frauen vorgelegten Nachweise über ihren Personenstand grundsätzlich angezweifelt werden. In vielen Fällen kommen die Standesbeamt*innen – insbesondere im Standesamt Bremen-Nord – zudem weder ihrer Pflicht zur Ausstellung von sog. „Zurückstellungsbescheinigungen“ nach, noch werden die nach sechs Monaten auszustellenden Geburtsregisterauszüge ausgehändigt, so dass die Kinder ohne jeden Nachweis ihrer Geburt bleiben.
Die UN-Kinderrechtskonvention schreibt dagegen zum Schutz der Kinder den unverzüglichen Eintrag in das Geburtenregister bindend vor. Die behördliche Unterstellung des Verheiratet-Seins und die verweigerte Geburtsbeurkundung ihrer Kinder trifft nach Kenntnis von Beratungsstellen wie dem Flüchtlingsrat ausschließlich Schwarze Frauen. Die betroffenen Frauen berichten von Schreiben und Befragungen durch Standesbeamt*innen, die sie als einschüchternd, sachfremd und auch rassistisch erleben. Sie sehen sich durch die diskriminierende Praxis der Standesämter in ihren Rechten verletzt und herabwürdigend behandelt.
„Das Standesamt glaubt uns nicht. Die Standesbeamt*innen fragen uns unzählige Fragen. Sie schüchtern uns ein. Sie behandeln uns so respektlos. Wollen sie uns dazu bringen, dass wir irgendwann sagen, wir seien verheiratet, obwohl wir es nicht sind? Wie kann man mir ins Gesicht sagen, dass ich lüge?
Gibt es in Deutschland ein Gesetz, das sagt, du kannst nur Kinder bekommen, wenn du verheiratet bist? Gibt es nicht viele Leute in Bremen, die Kinder bekommen, obwohl sie nicht verheiratet sind? Warum also denken sie, es sei bei uns anders?“
Agatha O. von Together we are Bremen
Die Bilanz: Über 200 nicht-beurkundete Bremer Kinder, deren Vater trotz Vaterschaftsanerkennung nicht in das Geburtenregister eingetragen ist, und die damit formal ohne Vater sind. Dies verletzt die international festgeschriebenen Rechte von Kindern. Weitere Diskriminierungen sind die Folge: Die Krankenkassen verweigern den Versicherungsschutz der Kinder; die Sozialämter verzögern oder verweigern die Leistungen für die Kinder; das Migrationsamt stellt die deutsche Staatsangehörigkeit der Kinder nicht fest.
„Diese diskriminierende Praxis der pauschalen Verdächtigung Schwarzer Frauen und die Verletzung der Rechte ihrer Kinder ist ein weiteres Beispiel eines strukturellen Rassismus durch Behörden. Wir gehen davon aus, dass weiße Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit einem solchen Generalverdacht durch die Standesämter nicht ausgesetzt werden.“
Simone Behrends von Together we are Bremen (TWAB)
Die betroffenen Schwarzen Frauen haben sich in der Bewegung TWAB organisiert und rufen zur Kundgebung vor dem Standesamt auf, um den Ort sichtbar zu machen, an dem ihnen und ihren Kindern ihre Rechte verwehrt werden. Sie fordern: